Michael Rakowitz
I‘m good at love, I‘m good at hate, it‘s in between I freeze
April 28 – August 12, 2023

Ausstellung: 28. April – 29. Juli 2023 (verlängert bis 12. August)

Eröffnung am Gallery Weekend Berlin
Preview: Donnerstag, 27. April – Freitag, 28. April, 11–18 Uhr
Eröffnung: Freitag, 28. April, 18–21 Uhr
Publikumstage: Samstag, 29. April, 11–19 Uhr und Sonntag, 30. April, 11–18 Uhr

Michael Rakowitz ist ein irakisch-amerikanischer Künstler, der in Chicago lebt. Rakowitz’ arabisch-jüdische Herkunft kann als Basis für viele seiner Werke verstanden werden, in denen er Verbindungen zwischen Menschen, Orten und historischen Erzählungen über Jahrhunderte hinweg verknüpft. Die Themen seiner Arbeiten erstrecken sich von den alten Königreichen des Nahen Ostens bis zu aktuellen politischen Situationen.

Rakowitz‘ dritte Einzelausstellung in der Galerie Barbara Wien beschäftigt sich mit der Beziehung zwischen Kunst und Politik. In Form einer persönlichen Erzählung präsentiert sie das Projekt I‘m good at love, I‘m good at hate, it‘s in between I freeze in einer neuen, eigens für die Ausstellung erstellten Version. Es basiert auf Rakowitz‘ langjährigem Interesse am Leben und Werk des 2016 verstorbenen kanadischen Singer-Songwriters und Dichters Leonard Cohen. Ausgangs- und Mittelpunkt ist ein Konzert von Cohen, das nie stattgefunden hat.

Cohen sollte 2009 zwei Konzerte spielen – eines in Tel Aviv, Israel, das andere in Ramallah, Palästina. Obwohl Cohen in Palästina viele Fans hatte, wurde das Konzert in Ramallah von einigen als leere symbolische Geste der Solidarität betrachtet, die darauf abziele, möglichen Protesten gegen das Konzert in Israel vorzubeugen. Das Konzert in Palästina wurde boykottiert und letztendlich abgesagt. Als Fan von Leonard Cohen und Unterstützer der Palästinensischen Kampagne für akademischen und kulturellen Boykott Israels (PACBI) begann Rakowitz sich mit Cohens Haltung zu den Konflikten in der Region auseinanderzusetzen. Er fragte sich, ob Kunst Politik in den Hintergrund drängen könnte und beschäftigte sich mit dem konstruktiven Potenzial von Formen des Boykotts. Angesichts seiner Identität als Person arabisch-jüdischer Abstammung überlegte Rakowitz, was es bedeuten würde, das Konzert in Ramallah selbst zu inszenieren. Er kaufte Cohens alte Olivetti-Schreibmaschine auf eBay, um ein Drehbuch über das nie stattgefundene Konzert in Palästina zu schreiben. Schließlich schrieb er sogar einen Brief an Cohen, in dem er um Erlaubnis bat, seine Lieder in Ramallah aufzuführen, aber er erhielt nie eine Antwort.

2015 lud das Musée d‘art contemporain de Montréal Rakowitz ein, das Projekt im Rahmen einer Gruppenausstellung zu Cohens Werk fertigzustellen. I‘m good at love, I‘m good at hate, it‘s in between I freeze wurde daraufhin unter der Co-Regie von Robert Chase Heishman als Film realisiert. Die Arbeit befasst sich mit Cohens komplexer Beziehung zu Israel und dem historischen Kontext sowie den Folgen des Konzerts, das nie stattfand. Obwohl der Film für die Ausstellung genehmigt wurde, zeigte sich Cohens Nachlass während der Ausstellung zunehmend unzufrieden und beschuldigte Rakowitz, eine einseitige (pro-palästinensische) Version der Geschichte zu erzählen. Nach Cohens Tod 2016 verweigerte dessen Nachlass Rakowitz die Erlaubnis, Cohens Musik außerhalb der Ausstellung in Montréal zu verwenden, wenn der Film nicht nach den Wünschen von Cohens Manager geändert würde. Rakowitz lehnte dies ab und verzichtete auf die Teilnahme an der Tour der Ausstellung.

Für seine Ausstellung in der Galerie Barbara Wien setzt Rakowitz das Projekt I‘m good at love, I‘m good at hate, it‘s in between I freeze fort und berücksichtigt dabei die verschiedenen Einflüsse, denen das Werk ausgesetzt war, sowie die Elemente des Films, die dadurch verloren gegangen sind. Er lud Kolleg:innen ein, an den Stellen das Wort zu ergreifen, an denen Cohens Lieder von der Nachlassverwaltung zurückgezogen worden waren. Die von Rakowitz in der Originalfassung gespielten Instrumentalversionen von Cohens Musik wurden durch neue Kompositionen ersetzt, die Bill MacKay, ein Komponist, Improvisator, Gitarrist und Schriftsteller aus Chicago, speziell für diesen Film komponiert hat. Die neue Version des Films wird von einer Installation von Dokumenten, Büchern, Fotos und Erinnerungsstücken begleitet, die mit dem Projekt in Verbindung stehen, darunter Cohens Schreibmaschine und ein Faksimile des Briefes, den Rakowitz an den Sänger schrieb.

Eine separate Präsentation von Werken aus Rakowitz‘ Serie The invisible enemy should not exist (2007 – fortlaufend) ist in unserem Showroom im Innenhof zu sehen. In diesem Projekt bildet Rakowitz Artefakte in Originalgröße nach, die während der US-geführten Invasion im Jahr 2003 im irakischen Nationalmuseum in Bagdad oder im Nachgang des Krieges in archäologischen Stätten und Museen zerstört oder gestohlen wurden. Rakowitz nennt diese Nachbildungen Reappearances. Mit Hilfe von Quellen der University of Chicago und Interpol rekonstruieren Rakowitz und sein Studio die verschollenen Objekte aus kommerziellen Verpackungsmaterialien aus Westasien, die in der Diaspora erhältlich sind, und aus arabisch-englischen Zeitungen, die in arabischen Lebensmittelgeschäften in den USA verteilt werden. Zu sehen sind Papiermaché-Nachbildungen von Wandreliefs aus dem von ISIS geplünderten und zerstörten Palast in Nimrud sowie eine Sammlung von Rollsiegeln mit ihren Abdrucken. Die Objekte sind mit Museumslabeln versehen, auf denen archäologische Informationen über die ursprünglichen Artefakte aufgelistet sind, einschließlich ihres Status, der als zerstört, gestohlen oder unbekannt angegeben wird.

Michael Rakowitz (geb. 1973, New York, USA) lebt und arbeitet in Chicago. Seine Arbeiten wurden weltweit ausgestellt, u.a. auf der dOCUMENTA (13), Kassel; der 16. Sydney Biennale; der 10. und 14. Istanbul Biennale; der 8., 14. und 15. Sharjah Biennale; der Cleveland Triennale; im Kiasma, Helsinki; Palais de Tokyo, Paris; Victoria & Albert Museum, London; MoMA, New York; Van Abbemuseum, Eindhoven. Er hatte Einzelausstellungen, u.a. im Frac Lorraine, Metz; der Malmö Konsthall; in der Tate Modern, London; im MCA, Chicago. Von 2019–2020 tourte eine Werkschau von Rakowitz von der Whitechapel Gallery in London über das Castello di Rivoli Museo d‘Arte Contemporanea in Turin bis zum Jameel Arts Centre in Dubai. Er wurde ausgezeichnet mit dem Nasher Prize 2020; dem Herb Alpert Award in the Arts 2018; dem Tiffany Foundation Award 2012; dem Sharjah Biennial Jury Award 2007; dem New York Foundation for the Arts Fellowship Grant 2006; dem Dena Foundation Award 2003 und dem Design 21 Grand Prix 2002 der UNESCO. Er erhielt den Auftrag für die Fourth Plinth auf dem Londoner Trafalgar Square für 2018–2020. Am 15. Juli 2023 eröffnet Rakowitz eine Einzelausstellung mit neuen Arbeiten im Baltic Centre for Contemporary Art in Gateshead.

Exhibition: April 28 – July 29, 2023 (extended until August 12)

Opening during Gallery Weekend Berlin
Preview days: Thursday, April 27 – Friday, April 28, 11 am – 6 pm
Public opening: Friday, April 28, 6–9 pm
Public days: Saturday, April 29, 11 am – 7 pm and Sunday, April 30, 11 am – 6 pm

Michael Rakowitz is an Iraqi-American artist based in Chicago. His Arabic-Jewish heritage deeply informs his work, which centres on connecting people, places, and historical narratives across centuries. His subjects span from ancient Middle Eastern kingdoms to contemporary political situations.

Rakowitz’s third solo exhibition at Galerie Barbara Wien explores the relationship between art and politics through a personal narrative, presenting the artist’s project I‘m good at love, I‘m good at hate, it‘s in between I freeze in a new iteration. Centring around a concert that never happened, the project originated from Rakowitz’s long-standing interest in the work and life of the late Canadian singer-songwriter and poet, Leonard Cohen.

In 2009, Cohen was scheduled to perform two concerts: one in Tel Aviv, Israel, and one in Ramallah, Palestine. Cohen had a large fan base in Palestine, but the concert in Ramallah was seen as an attempt to pacify a potential backlash against the concert in Israel and was thus considered a hollow symbolic gesture of solidarity. The performance in Palestine was boycotted and ultimately cancelled. As a Leonard Cohen fan, and a signatory of the Palestinian Campaign for the Academic and Cultural Boycott of Israel (PACBI), Rakowitz started researching Cohen’s stance on the conflict in the region. Questioning the potential for art to obliterate politics, he was intrigued by the constructive potential of boycotts. Considering his identity as a person of Arab-Jewish descent, Rakowitz contemplated the implications of staging Cohen’s Ramallah concert himself. He found Cohen’s old Olivetti typewriter on eBay, bought it, and started typing out a screenplay about the concert in Palestine that never happened. He then decided to write a letter to the singer, asking permission to perform his songs in Ramallah, but Cohen never replied.

In 2015 the Musée d‘art contemporain de Montréal invited Rakowitz to complete the project as part of an exhibition responding to Cohen’s work. I‘m good at love, I‘m good at hate, it‘s in between I freeze took form as a film co-directed with Robert Chase Heishman. The film delves into Cohen’s complex relationship with the Jewish homeland, exploring the historical context and aftermath of the concert that never happened. Although approved for the exhibition, Cohen’s estate grew increasingly displeased with the film during the show, accusing Rakowitz of presenting a one-sided (pro-Palestinian) account of the story. After Cohen’s death in 2016, his estate refused further permission for Rakowitz to use Cohen’s music outside the context of the Montréal show unless the film was changed to include the story as told by Cohen’s manager. Rakowitz declined to alter the film accordingly and withdrew from the exhibition tour.

For this new exhibition, Rakowitz continues his project, I‘m good at love, I‘m good at hate, it‘s in between I freeze, taking into account the pressures that have been exerted on the work and what has been lost along the way. The artist invited colleagues to speak about the estate’s refusal to permit the further use of Cohen’s songs in the film’s original form. Rakowitz‘s instrumentals of Cohen‘s music have been replaced with new compositions made especially for this film by Bill MacKay, a Chicago-based composer, improvisor, guitarist, and writer. The adapted film is accompanied by an installation of documents, books, photographs, and memorabilia connected to the project, including Cohen’s typewriter and a facsimile of the letter Rakowitz wrote to the singer.

A separate presentation of works from Rakowitz’s series The invisible enemy should not exist (2007 – ongoing) are on display in our showroom across the courtyard. The project attempts to create full-size reappearances of artefacts which were destroyed or looted from the National Museum of Iraq in Baghdad during the US-led invasion in 2003, or from archeological sites and museums sacked by ISIS in the aftermath of the war. Drawing on resources from the University of Chicago and Interpol, Rakowitz and his studio reappear individual objects out of commercial packaging produced in West Asia and available in the diaspora, as well as Arabic-English newspapers distributed in Arabic grocery stores throughout the US. On view in the showroom are papier maché reappearances of wall reliefs from the destroyed palace in Nimrud as well as a collection of cylinder seals. The objects are accompanied by museum labels listing archeological information about the original artefacts including their status, which is either destroyed, looted, or unknown.

Michael Rakowitz (b. 1973, New York, US) lives and works in Chicago. His work has appeared in venues worldwide including at dOCUMENTA (13), Kassel; the 16th Sydney Biennial; the 10th and 14th Istanbul Biennials; the 8th, 14th and 15th Sharjah Biennials; the Cleveland Triennial; Kiasma, Helsinki; Palais de Tokyo, Paris; Victoria & Albert Museum, London; MoMA, New York; Van Abbemuseum, Eindhoven. He has had solo exhibitions at Frac Lorraine, Metz; Malmö Konsthall; Tate Modern, London; MCA, Chicago, among others. From 2019–2020, a survey of Rakowitz’s work travelled from Whitechapel Gallery in London, to Castello di Rivoli Museo d’Arte Contemporanea in Turin, to the Jameel Arts Centre in Dubai. He is the recipient of the 2020 Nasher Prize; the 2018 Herb Alpert Award in the Arts; a 2012 Tiffany Foundation Award; a 2007 Sharjah Biennial Jury Award; a 2006 New York Foundation for the Arts Fellowship Grant; the 2003 Dena Foundation Award; and the 2002 Design 21 Grand Prix from UNESCO. Rakowitz was awarded the 2018–2020 Fourth Plinth commission in London’s Trafalgar Square. He has an upcoming solo exhibition at Baltic Centre for Contemporary Art in Gateshead, opening July 15, 2023.